Im Januar 2017 veröffentlichte die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam eine Studie, nach der angeblich die 8 reichsten Männer (Personen) in etwa so viel Vermögen besitzen wie die ärmste Hälfte der Restmenschheit. Demnach sollen jene 8 Personen zusammen etwa 426 Milliarden US- Dollar besitzen. Dem gegenüber stehen etwa 3,5 Milliarden Menschen, welche man auf die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung definiert, die alle zusammen nicht dieses Vermögen erreichen.
Die Botschaft ist eindeutig. Die Schere zwischen Arm und Reich ist schlicht zu gewaltig. Für diese Erkenntnis hat allerdings dieser Oxfam- Bericht nicht gefehlt.
Wie jedoch kann Oxfam diese Daten ermitteln?
Oxfam greift für seinen Bericht zur weltweiten Vermögensverteilung auf zwei Datensätze zu: die Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt und den Vermögensbericht der Bank Credit Suisse, in dem geschätzt wird, wie viel Vermögen die ärmste Hälfte der Welt besitzt.
Quelle: Tagesschau
Das Datenfundament für diese Studie ist demnach kritisch zu beurteilen und könnte eine hohe Fehlertoleranz besitzen. Das lässt sich weder beweisen noch widerlegen. Schätzungen sind niemals gute Voraussetzungen für Studien und in keiner Weise wissenschaftlich fundiert. Es ist also eine grobe Vermutung, in etwa zu vergleichen mit der Erderwärmung und den dafür verantwortlichen Faktoren. Man nimmt es wahr und gleichzeitig zur Kenntnis, streitet aber über die Gewichtung der verschiedenen Parameter…
Bedenklicher als der Umstand, dass hier ein Ergebnis einer wenig eindeutigen Studie, die man eigentlich gar nicht als solche bezeichnen dürfte, vorgestellt wurde, ist die Unbekümmertheit, wie manche Medien damit umgehen und dass diese Veröffentlichung trotz der dünnen Faktenlage so wichtig erscheint. Die Überschriften einiger Leitmedien zu diesem Thema im Vergleich:
Acht Männer haben mehr Vermögen als die Hälfte der Menschheit
Quelle: Welt
Acht Superreiche besitzen angeblich so viel wie die halbe Menschheit
Quelle: Spiegel Online
Acht Reiche haben mehr als 3,6 Milliarden Menschen
Quelle: Tagesspiegel
Acht Milliardäre besitzen soviel wie die halbe Menschheit
Quelle: RP Online
Diese acht Milliardäre sind reicher als die Hälfte der Weltbevölkerung
Quelle: Stern
Acht Männer besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Welt
Quelle: ZDF Heute
Man könnte die Liste beinahe beliebig fortsetzen. Die Überschriften suggerieren einen spektakulären Skandal, der nicht dadurch geringer würde, wenn jene 8 namentlich vorgestellten Superreichen zusammen nur ein Drittel so viel wie die ärmere Hälfte der Menschheit besitzen würden. Damit wurde eine Nachricht in die Medienlandschaft gepustet, deren Informationsgehalt auf spekulativen Erhebungen basiert. Die wenigen zurechtweisenden Kommentare von Journalisten, die sich nicht mit den Meta- Daten dieser Nachricht zufriedengeben, verlieren sich zwischen den Zeilen.
So hat immerhin die Tagesschau, oft der Lügenpresse zugerechneter, gebührenfinanzierter „Staatssender“ auf die Unstimmigkeiten hingewiesen:
Bereits im vergangenen Jahr gab es Kritik an der Methodik von Oxfam. Auch in diesem Jahr lautet der Vorwurf, Oxfam verzerre die Realität: So bewerte Credit Suisse einen deutschen Rentner ohne Eigenkapital, der gerade einen kleinen Kredit aufgenommen habe, als ärmer als einen Bauern in Afrika.
Quelle: Tagesschau
Und das Handelsblatt differenziert bereits in der Überschrift und bleibt in der Analyse kritisch:
Warum die Oxfam-Studie in die Irre führt
Es wird sogar ein eklatanter Fehler in der Studie aufgedeckt:
Richtig wäre es gewesen, die (sic!) Vermögen der Reichsten dann auch aus der Credit-Suisse-Studie zu nehmen, in welche die Forbes-Liste als Teil eingeflossen ist, dazu aber auch offiziell verfügbare Daten aus vielen Einzelstaaten und internationalen Organisationen.
Es handelt sich in diesem Fall nicht um eine Falschmeldung (FakeNews), sondern um eine Berichterstattung, die man eventuell als ForceNews charakterisieren könnte. Denn die Kernaussagen entsprechen im Prinzip der Wahrheit, allerdings wird tendenziös ein verzerrtes Bild des Sachverhalts vermittelt.
Tragisch anzumerken ist, dass eine solch wenig fundierte Studie, ein so hohes Medieninteresse erzeugen konnte…