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Oh Tannenbaum

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Alle Jahre wieder wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Diesmal war der Ort des Geschehens der Stadtteil Lokstedt im Hamburger Bürgermilieu.

Eine KiTa hat sich entschlossen, keinen Weihnachtsbaum dieses Jahr (2023) aufzustellen. So weit, so gut. Vermutlich hätte das kaum jemanden wirklich gestört, wenn da nicht im Elternbrief eine merkwürdige Begründung hierfür aufgeführt worden wäre.

In einem Schreiben wurden die Eltern darüber informiert, dass in diesem Jahr (2023) kein Weihnachtsbaum in der KiTa Mobi aufgestellt würde. Als Begründung nannte man dies (Zeitungszitat):

Quelle: Hamburger Abendblatt
https://www.abendblatt.de/hamburg/eimsbuettel/article240743734/Hamburger-Kita-verzichtet-auf-Weihnachtsbaum-Eltern-empoert.html

Es ist also faktisch richtig, dass die KiTa– Leitung sich gegen das Aufstellen eines Weihnachtsbaums aus religiöser Rücksichtnahme auf Kinder nichtchristlichen Glaubens entschieden hat.

Es handelt sich um Kinder zwischen ein und fünf Jahren, die in diesem Alter eher wenig mit Religion anzufangen wissen. Und das ist auch gut so (persönliche Eigenmeinung).  Zudem ist der Weihnachtsbaum nicht wirklich ein religiöses Symbol. Das kann mit etwas Recherche im Internet schnell herausgefunden werden. Somit ist diese Begründung schlicht falsch, zumindest irritierend.

So war es auch kaum verwunderlich, dass sich darüber zunächst betroffene Eltern und in der Folge viele Leute in den (a)sozialen Medien aufregen würden. Weniger angemessen waren so manche ausufernde Beschimpfungen gegen die KiTa Mobi, dass deren Träger sich genötigt fühlte, darauf mit einem Statement zu reagieren.

Quelle: https://finkenau.de/
Quelle: https://finkenau.de/

Ob die Idee so gut war, darüber darf man geteilter Meinung sein. Kurioserweise wird aber dieses Statement u.a. von Journalisten fälschlicherweise als Quelle für Faktenchecks herangezogen, womit man nachweisen möchte, dass die Anschuldigungen und Shitstorms auf Falschbehauptungen beruhen würden.
Es geht gar nicht um das Abschaffen christlicher Traditionen, es geht um die Art und Weise, wie man es kommuniziert hat.

Der Ministerpräsident von Bayern, Markus Söder hat in seiner üblich unsensiblen Art das Thema aufgegriffen, indem er per Mikro- Nachrichtendienst X den Weihnachtsbaum als unverzichtbares Element von Weihnachten bezeichnete, was als harsche Kritik an der KiTa Mobi zu verstehen sein durfte.

Quelle: https://x.com/JoernPL/status/1733122614791454868?s=20
Quelle: https://x.com/JoernPL/status/1733122614791454868?s=20

Jedoch führt der Vorwurf gegen ihn ins Leere. Denn eine Desinformation zu Lasten der KiTa– Belegschaft hat Herr Söder nicht gepostet. Es ist ja richtig, dass die KiTa keinen Weihnachtsbaum aufgestellt hatte. Nur eben begünstigte sein Post, dass dieser eher unspektakuläre Vorfall viral ging und der KiTa eine Aufmerksamkeit bescherte, die man nie damit erreichen wollte. Dennoch ist die KiTa– Leitung ja dafür verantwortlich, ob nun gegenüber dem kleinen Kreis der betroffenen Elternschaft oder der darüber gespaltenen Öffentlichkeit.  Man kann Herr Söder sicher viele Dinge vorwerfen, auch dass er bisweilen Fakenews verbreitet, nur in diesem speziellen Fall haben seine politischen Gegner damit eher selbst Fakenews verbreitet.

Es ist natürlich nicht tolerierbar, dass die KiTa– Leitung nun wegen eines nicht aufgestellten Weihnachtsbaumes und einer völlig inkompetenten Begründung hierfür angefeindet und bedroht wird, wie es ja im Statement des Trägers nachzulesen ist. Allerdings scheinen auch diese Ausführungen nicht so dramatisch zu sein, wie darin geschildert.

Quelle: https://www.abendblatt.de/hamburg/eimsbuettel/article240743734/Hamburger-Kita-verzichtet-auf-Weihnachtsbaum-Eltern-empoert.html
https://www.abendblatt.de/hamburg/eimsbuettel/article240743734/Hamburger-Kita-verzichtet-auf-Weihnachtsbaum-Eltern-empoert.html

Also die Bedrohungslage für KiTa– Mitarbeiter scheint sich in Grenzen zu halten. Und in einem solchen Fall eine Strafanzeige zu stellen, spricht auch nicht für einen Lerneffekt aus dieser Sache.

Hier schildert der Angezeigte den Sachverhalt aus seiner Perspektive.
Und schließlich steht ja noch jener Vorwurf der #CancelCulture im Raum.
Eine KiTa entschließt sich, ein religiöses Symbol, welches im Prinzip keines ist, aus Rücksichtnahme auf Kleinkinder und deren Religionszugehörigkeit nicht zu verwenden, deren sich die Kinder gar nicht bewusst sind. Das klingt nicht gerade schlüssig, wenn man am St. Martins- Tag mit Laternen dieses Brauchtum zusammen mit den Kindern zelebriert. Auch verweist man im nachgelieferten Statement auf das Verwenden von Adventskränzen und Adventskalendern. Auch wirkt der Rechtfertigungsversuch mit der Anmerkung, dass man in 10 Jahren dreimal einen Weihnachtsbaum aufstelle, nicht nachvollziehbar. Laut einigen Eltern (anders als in den Vorjahren) scheint das zumindest in den letzten Jahren eine gewisse Regelmäßigkeit gehabt zu haben, die nun endete. Zumindest ist es nicht konsequent, wenn man es nun so begründen will.

Dass die „anerkannten Faktenchecker“ der Nation den Sachverhalt völlig anders darstellen, ist durchaus betrüblich, wenn nicht sogar gefährlich.  Wie soll man solchen selbsternannten Faktencheckern überhaupt noch glauben, wenn sie eben nicht die Wahrheit widergeben und auch nicht neutral über diesen Vorfall berichten?

Die Kita Finkenau in Lokstedt feiert Weihnachten wie jedes Jahr auch: „Adventskalender, Adventskränze, Weihnachtsbäume und in einigen Kitas sind sogar Wichtel eingezogen. Zudem gibt es Dekoration wie Tannenzweige, Kugeln und Lichterketten“, erklärte die Kita in einem Schreiben. Wegen der immer gleichen Masche rechtsradikaler Fake-Verbreiter im Netz, darunter natürlich auch wie immer die BILD, wurde die Einrichtung, in der sich Kinder sicher fühlen sollte, massiv Ziel einer Hetzkampagne. Die Kita spricht von „massiven rassistischen Drohungen, persönlichen Beleidigungen, Anschuldigungen und Erpressungsversuchen“. Auch die Polizei musste schon einschreiten, um die Kita zu schützen. Und wieder beteiligte sich die CSU und Bayerns Ministerpräsident Söder ebenfalls daran.

Quelle: Volksverpetzer

Jeder darf sich sein eigenes Bild über den Sachverhalt machen. Entgegen dem „Volksverpetzer“ werden hier jedoch belastbare Quellen angegeben. Hingegen verweisen die Quellen vom Volksverpetzer auf Sekundärquellen, die gerade nicht das bestätigen, was sie im Faktencheck darlegen. Bei Twitter/X hat man meinen Account übrigens blockiert, als ob das etwas nützen würde.

Hier noch ein weiterer Ausschnitt aus dem Volksverpetzer- Artikel. Eine Dokumentation erspare ich mir, steht ja alles schon hier im Text.

Wozu führen diese rechten Lügen? Sicherlich nicht dazu, dass über ein angebliches Problem von Toleranz aufmerksam gemacht wird. Nein, die Kita und letzten Endes die Kinder sind einer Bedrohung ausgesetzt. Die Elternvertreter der Kita kritisierten in einem offenen Brief die „Instrumentalisierung einer kitainternen Entscheidung“ und verurteilten „jede Form der Anfeindungen gegen die Einrichtung und die Mitarbeiter*innen.“ Auch die Polizei musste anrücken, nachdem ein Mann, angeheizt durch die rechten Lügen, sich Zugang verschafft hat und selbst einen Weihnachtsbaum aufstellte. Die Polizei musste dafür sorgen, dass die „Geschenke“ nicht die Sicherheit der Kinder gefährden, wie t-Online berichtet. Die Kita hat Anzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt.

Was meint der nächste renomierte Faktenchecker dazu?

Hintergründe der Entscheidung

Fakt: Die Kindertagesstätte Mobi verzichtet auf einen Weihnachtsbaum, um kulturelle Vielfalt und religionsübergreifende Gemeinschaft zu fördern. Diese Entscheidung löste bei einigen Eltern und in der Öffentlichkeit Unverständnis und Kritik aus.

Reaktion des Trägers und der Elternvertretung

Fakt: Die Stiftung Kindergärten Finkenau und die Elternvertretung der Kindertagesstätte betonen, dass in der Einrichtung weiterhin weihnachtliche Traditionen wie Adventskalender und Dekorationen gepflegt werden. Der fehlende Weihnachtsbaum ist eine individuelle Entscheidung der Kindertagesstätte, die im Einklang mit ihrer kultursensiblen Haltung steht.

Quelle: Mimikama

Etwas weniger den Sachverhalt verfälschend beschreibt es Mimikama, aber stellt Fakten in den Vordergrund, die gar nicht relevant für den Shitstorm waren. Im Grunde könnte man es als Ablenkungsmanöver von den eigentlichen Tatsachen auffassen.

Dem wohl bekanntesten deutschen Faktenchecker, der sowohl staatlich sowie von vielen privaten Unterstützern finanziert wird, correctiv.org, war das Thema wohl nicht wichtig genug oder wollte schlicht nicht die Wahrheit verkünden müssen, die nicht so recht ins eigene Portfolio passt.

Titelbild- Quelle: https://www.pflanzmich.de/kitamobi

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