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Das schiefe „Bild“ zum Familiennachzug.

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Das Wortspiel in der Überschrift ist nicht zufällig. Wieder einmal entlarvt sich Deutschlands Quantitäts- Journalismus- Blatt Nummer 1 mit einer Falschmeldung quasi selbst.

Die Bildzeitung dient bei solchen Themen augenscheinlich als seriöse Quelle für Alternativmedien, die ansonsten die renommierte Presselandschaft gerne als Lügenpresse titulieren.

Quelle: https://www.wochenblick.at/geheimplan-nach-wahl-merkel-will-mindestens-15-millionen-syrer-holen/
Quelle: Wochenblick

Ein brisantes Papier könnte wesentlichen Einfluß auf die deutsche Bundestagswahl haben. Wie die deutsche „Bild“-Zeitung jetzt enthüllte, erwartet die Merkel-Regierung einen starken Anstieg des Familiennachzugs bei Syrern.

Originalquelle: Bildzeitung

Fakt ist: Die Zahl der von Deutschland erteilten „Visa zur Familienzusammenführung“ steigt deutlich an. Von Januar 2015 bis Ende Juni 2017 wurden weltweit rund 230 000 Anträge auf Familiennachzug über das Visumverfahren bewilligt.

Was ist richtig und was falsch?

Richtig ist, dass tatsächlich etwa 230000 Visaanträge genehmigungspflichtig sind.

Richtig ist auch, dass etwa so viele Anträge bewilligt wurden.

Falsch ist, dass dies ein Geheimplan wäre, denn dann wüsste ja die breite Öffentlichkeit nichts davon.

Falsch ist, dass explizit Merkel oder sonst jemand mindestens 1,5 Millionen Syrer holen möchte. Das ist eine reine Mutmaßung einer populistischen Redaktion.

Die massive Zunahme des Familiennachzugs wird circa ab März 2018 erwartet – also nach der Bundestagswahl am 24. September! Bisher wurden diese Zahlen zum Familiennachzug sorgfältig unter Verschluss gehalten…

Falsch ist, dass diese Zahlen sorgfältig unter Verschluss gehalten wurden. Die Tatsache, dass hier und anderswo darüber geschrieben und diskutiert wird, entlarvt diese Behauptung als Fake.

Falsch ist, dass man eine massive Zunahme ab März 2018 erwartet, obgleich man dies völlig legitim annehmen dürfte.

Richtig ist, dass der März 2018 tatsächlich nach der Bundestagswahl im September 2017 sein wird.

Weshalb wird die massive Zunahme des Familiennachzugs im März 2018 aller Voraussicht nach ausbleiben?

So beschreibt es Panorama recht nachvollziehbar:

Denn bereits im März 2016 hatte die Bundesregierung den Familiennachzug stark gebremst. Seit dem sogenannten „Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ ist der Familiennachzug für alle Flüchtlinge ausgesetzt, die zwar als Bürgerkriegsflüchtlinge, nicht jedoch als individuell Verfolgte anerkannt sind. Ein Großteil der Syrer, über deren Asylanträge seit März 2016 entschieden wurde, darf momentan nicht einmal die engsten Angehörigen zu sich holen.

Und sogar für diejenigen, die nach Genfer Konvention anerkannt sind und dadurch noch das Recht haben, ihre Angehörigen zu sich zu holen, ziehen sich die Verfahren momentan oft über Jahre hin. Gründe dafür sind monatelange Wartezeiten auf Termine bei den deutschen Auslandsvertretungen und immer strengere bürokratische Nachweisanforderungen bei deutschen Botschaften. Diese Forderungen sind teilweise kaum zu erfüllen: Zum Beispiel, wenn eine syrische Mutter aufgefordert wird, aus der Türkei zurück ins Heimatland Syrien zu reisen, um dort die Pässe für sich und ihre Kinder verlängern zu lassen. Im Klartext bedeutet das: Familien sind häufig über viele Jahre getrennt.

Quelle: Panorama

Oder einfach für Bildzeitungsleser erklärt: „Wenn es im Schwimmbad erlaubt ist vom 10 Meter- Turm zu springen, wird das sicher nicht jeder Schwimmbad- Besucher auch machen…“

Wie kommt man nun auf 1,5 Millionen Syrer, die angeblich ab 2018 in Deutschland leben werden?

Das ist eine Mischung aus Mathematik und Spekulation, der sich die Leute vom Wochenblick bedienen:

Denn laut offiziellen Zahlen hat Syrien eine Geburtenrate von rund drei Kindern laut offiziellen Daten, die den Erhebungen der „Weltbank“ entsprechen. Da hauptsächlich junge Männer aus Syrien nach Deutschland zumeist illegal eingereist sind, ist laut Experten damit zu rechnen, dass im Familiennachzug auch zahlreiche Ehefrauen inbegriffen sind.

Richtig ist, dass es solche Erhebungen und Prognosen gibt.

Falsch ist die Quelle für die Fertilitätsrate (Geburten pro Frau). Die vom Wochenblick genannte Primärquelle ist das Internetportal FactFish. Diese wiederum beziehen sich nicht auf die Weltbank, sondern nennen als Quelle UN Data für diese Erhebung.

Falsch ist auch, dass es sich um offizielle Zahlen handelt.

Die Schlussfolgerung, dass aus Syrien überwiegend junge Männer illegal nach Deutschland eingereist seien, ist eine Annahme. Ebenso ist es eine Vermutung, dass demzufolge zahlreiche Ehefrauen im Familiennachzug inbegriffen wären. Es gibt keine fundierten Erhebungen über Ehefrauen, lediglich über den Frauenanteil unter Flüchtlingen generell. Noch weniger kann man diese Erhebungen speziell auf syrische Flüchtlinge aufschlüsseln. Es gibt eine Quelle, die zumindest für Österreich Angaben hierzu macht: Medienservicestelle.at. Es handelt sich demnach um eine gefühlte Realität, die man nicht in irgendwelche dubiosen Berechnungen einfließen lassen sollte.

Richtig ist wiederum, dass die Einreise nach Deutschland größtenteils juristisch als illegal bezeichnet werden darf, wenn der Grenzübertritt ohne Legitimation stattfand.

Multipliziert man diese Zahl mit den für 2018 erwarteten 390.000 Familiennachzügen, ergibt sich eine Gesamtzahl von 1,56 Millionen Syrern, die nach Deutschland einreisen! Nicht einbezogen sind dabei Männer mit mehreren Ehefrauen sowie der der mutmaßlich zu erwartende Nachzug von Großeltern bzw. Cousins und Cousinen.

Richtig ist, dass es Familiennachzug geben wird.

Falsch ist, dass man Zahlen multipliziert, die nicht tatsächlich vorliegen, sondern aus Prognosen und Schätzungen stammen.

 

 

 

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